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Ärzte erklären

Vorratsmilben und Hausstaubmilben: Unterschiede und Gemeinsamkeiten sowie allergologische Bedeutung

Hausstaubmilben (HSM) finden sich in unterschiedlich großer Anzahl in jedem Haushalt in Deutschland. Die beiden wichtigsten Vertreter haben die sperrigen Namen Dermatophagoides farinae und Dermatophagoides pteronyssinus. In unseren Wohnungen findet man diese bevorzugt im Bett und auf sonstigen textilen Gegenständen (Teppiche, Polstermöbel, Vorhänge, Kleidung). Optimale Bedingungen für die Vermehrung sind Temperaturen von 25-30 °C und bei eine hohe Luftfeuchtigkeit.

 In einem Gramm Staub können sich mehrere Tausend Milben aufhalten, was für Allergiker von Bedeutung ist. Hausstaubmilben produzieren sehr kleine Kotbällchen, die beim Schlafen eingeatmet werden und somit in die Lunge gelangen. Nächtlicher trockenerHusten und Asthma bronchiale sind bei Allergikern mögliche Folgen.

 

Vorratsmilben machen ihren Namen alle Ehre  

Vorratsmilben (VRM) kommen – wie der Name bereits verrät – besonders dort vor, wo Nahrungsmittel oder Vorräte gelagert werden. Mit wissenschaftlichem Namen heißen sie beispielsweise:

  • Acarus siro
  • Lepidoglyphus destructor
  • Tyrophagus putrescentiae
  • Blomia tropicalis

Es existieren noch viele weitere Arten von Vorratsmilben.

 

Bis zu 30 Generationen pro Jahr

Unter optimalen Lebensbedingungen können bis zu 30 Generationen Vorratsmilben pro Jahr entstehen. Sie leben kürzer als die Hausstaubmilben, dafür ist die Fortpflanzungsgeschwindigkeit drei- bis siebenfach höher. Sowohl Hausstaubmilben als auch Vorratsmilben gehören zu den Spinnentieren und haben acht Beine, mit den sie sich sehr gut an Oberflächen festhalten können. Da die Milben aber weniger als einen Millimeter klein sind, kann man diese mit dem bloßen Auge nicht sehen.

 Hausstaubmilben (HSM)Vorratsmilben (VRM)
HauptnahrungMenschliche Hautschuppen (pro Tag verliert ein Mensch ca. 1 Gramm Hautschuppen),SchimmelpilzeTierfutter, Vorräte (Mehl, Getreideprodukte, Käse), Schimmelpilze (die u.a. auf feuchten Wänden, Stroh, Heu etc. wachsen)
VorkommenTextile Gegenstände in der Wohnung (Bett, Polstermöbel und Teppich) sowie auf feuchten Wänden; wurden auch in Hühnerställen gefundenStallungen, Vorratslager, Silos, pflanzliche und tierische Futtermittel, Mehl, Häuser, Wohnungen (feuchte Wände)
AllergieauslöserKotballen, Allergene im FeinstaubProteine vom Körper- und Kot, Allergene im Staub
Allergische SymptomeNasenschleimhaut- und Binde-hautentzündung (Auge) und allergisches Asthma bronchiale sowie Verschlechterung eines bestehenden HautekzemsNasenschleimhaut- und Binde-hautentzündung (Auge) und allergisches Asthma bronchiale sowie Verschlechterung eines bestehenden Hautekzems
Exposition/Auftretenganzjährigganzjährig
Betroffene Berufsgruppen Raumpfleger(innen) im Haushalt oder Hotel, Wäscherei¬mitarbeiterLandwirte, Bäcker, Tierpfleger, Siloarbeiter, Papiermacher

Kontakt/Aufnahme

Einatmen und über die Haut. Die ausgetrockneten Kotballen und die Körper der HSM zerfallen zu Staub. Dieser wird beim Schlafen, Putzen etc. aufgewirbeltEinatmen und über die Haut. Die ausgetrockneten Kotballen und die Körper der VRM zerfallen zu Staub. Dieser wird bei der Handhabung der Vorräte oder bei Aktivitäten im Haus aufgewirbelt
Verwandtschaft (Kreuzallergenität)Unter den HSM sehr hoch.Teilweise auch zwischen HSM und VRM (bis 40%) vorhandenUnter den verschiedenen VRM partiell und unterschiedlich stark vorhanden
Klinische Bedeutung HochVon hoch bis wenig, berufsabhängig

 

Klinische Bedeutung der Vorratsmilben lässt nach

Früher lebten Mensch und Tier unter einem Dach. Somit war der Stall mit Tieren oft im Haus integriert. Dadurch fanden sich viele Hausstaub- und Vorratsmilben in den Wohnungen. Durch geänderte Wohnformen, Wärmedämmung und Isolierung der Wohnungen, Lagerung größerer Mengen an Vorräten außerhalb des Hauses etc. verlieren die Vorratsmilben an Bedeutung.

Hausstaubmilben stehen heute eher im Vordergrund, vor allem im städtischen Umfeld. Trotzdem werden auch Vorratsmilben in unseren Wohnungen gefunden, insbesondere wenn Wände aufgrund von Kältebrücken etwas feucht sind oder andere Baumängel vorliegen. Dadurch entsteht die Möglichkeit für Schimmelpilzwachstum an den Wänden – eine ideale Nahrungsquelle für Vorratsmilben.

 

Bedeutung der Hausstaub-/Vorratsmilbe für den Menschen

Im häuslichen Umfeld können grundsätzlich beide Milbenarten allergische Symptome auslösen. Wie erwähnt, sind Hausstaubmilben heute insgesamt deutlich häufiger anzutreffen. Meistens können sie in Staubproben von Betten nachgewiesen werden. Für die Hausstaubmilbenallergiker bedeutet dies ganzjährige Beschwerden, wie vor allem nachts auftreten.

 

Kontakt zu Vorratsmilben vor allem im ländlichen Bereich

Im ländlichen Bereich und bei bestimmten Berufen können aber auch die Vorratsmilben und deren Allergene Auslöser für Beschwerden sein. So wurden in Tierställen (Schweineställen), in Heu- und Strohlagern sowie an Mahl-Misch-Anlagen große Mengen an Vorratsmilben nachgewiesen. Dies kann bei dort beschäftigen Menschen zu einem allergischen Berufsasthma führen.

Diagnostische Möglichkeiten bei Verdacht auf eine Milbenallergie

Mittels Hauttest, Blutuntersuchung und ggf. nasaler Provokationstestung kann untersucht werden, ob eine Sensibilisierung bzw. Allergie gegen eine oder beide Milbenarten vorliegt.

Sanierung und Vermeidungsmaßnahmen (Prävention)

Je nach Wohnumfeld und auftretender Milbenart stehen bestimmte Sanierungs- und Vorsorgemaßnahmen im Vordergrund.

Maßnahmen gegen Hausstaubmilben

Spezielle milbendichte Matratzenüberzüge (Encasings) reduzieren die Menge an Milben und deren Allergen im Bett. Die Entfernung textiler Gegenstände und ggf. Teppichböden und der Austausch gegen Laminat-, Kork-, Parkett- oder Fließen-Böden verringert den Lebensraum für die kleinen Spinnentiere.

Maßnahmen gegen Vorratsmilben

Das Tragen von speziellen Masken verringert den direkten Kontakt mit Vorratsmilben durch Einatmen bei der Arbeit. Vor dem Betreten der Wohnung sollte Arbeitskleidung unbedingt ausgezogen werden, um keine Vorratsmilben ins Haus einzuschleppen.

Kleintierhaltung im Haus

Viele Kinder halten gerne Haustiere wie Maus, Hamster, Meerschweinchen oder Kaninchen. Wenn diese im Kinderzimmer leben, können im Stroh, Heu und Tierfutter auch Vorratsmilben enthalten sein. Deshalb sollte bei Kindern mit einer Milbenallergie weder Tierkäfig noch Futter im Kinderzimmer stehen.

Regelmäßiges Lüften verhindert feuchte Wände

Neben Bett und Teppichboden stellen auch feuchte Wände günstige Lebensbedingungen für Milben dar. Deshalb sollten Allergiker überprüfen, ob dies in der Wohnung der Fall ist. Sofern kein Baumangel  vorliegt, der sowieso behoben werden sollte, schafft regelmäßiges Lüften Abhilfe.  

Therapiemöglichkeiten bei einer nachgewiesenen Milbenallergie

Neben einer Therapie mit antiallergischen Medikamenten steht als einzige ursächliche Behandlungsform die spezifische Immuntherapie (SIT) mit Spritzen oder in Tropfen- bzw. Tablettenform zur Verfügung. Diese Behandlung sollte ganzjährig für drei bis fünf Jahre durchgeführt werden.

Ihr Arzt wird mit dem Allergietest feststellen, welche Milben für die spezifische Immuntherapie bei Ihnen von Relevanz sind. Allergien gegen Vorratsmilben treten in den meisten Fällen parallel zur Hausstaubmilben-Allergie auf. In diesem Fall sollten diese auch zusammen behandelt werden.

 

Priv. Doz. Dr. Roland Jacob (Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde und Allergologie)
Bergstraße 63, 56203 Höhr-Grenzhausen
Tel.: 02624-9219120
https://www.hnoplus.eu