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Ärzte erklären

Überempfindlichkeitsreaktionen auf Antibiotika – was sollten Sie beachten?

Auch gegen Medikamente, z. B. Schmerzmittel oder Antibiotika, können Sie allergisch oder überempfindlich reagieren. Die Bezeichnung Antibiotika bezieht sich im allgemeinen Sprachgebrauch auf Arzneimittel zur Therapie von bakteriellen Infektionskrankheiten.

Antibiotika hemmen das Wachstum von Bakterien oder töten diese ab. Unter den Überbegriff Antibiotika fällt eine Vielzahl von Wirkstoffen mit jeweils eigenen medizinischen Bezeichnungen, wie z.B.

  • Penicilline
  • Tetrazykline
  • Aminoglykosid-Antibiotika
  • Sulfonamide
  • etc.

 

Antibiotika gegen Viren wirkungslos

Der Schimmelpilz Penicillium chrysogenum ist der bekannteste Antibiotika-Lieferant. Heute hat sich der Begriff „Penicillin“ als Synonym für alle Antibiotika durchgesetzt. Bei Erkrankungen, die durch Viren verursacht werden, helfen Antibiotika nicht. Ganz im Gegenteil kann es zu Symptomen an der Haut kommen, die dann vom Patienten als „Penicillin-Allergie“ fehlinterpretiert werden.

Viele Menschen glauben, dass sie überempfindlich auf Penicilline reagieren. Aber eine „echte“ Penicillin-Allergie wird viel seltener diagnostiziert als zumeist vermutet wird. Wenn deshalb nur auf Verdacht auf andere Antibiotika ausgewichen wird, kann dies Nachteile für den Patienten haben. Die als Ersatz für Penicillin verordneten Antibiotika haben oft mehr Nebenwirkungen bzw. eine niedrigere Wirksamkeit.

 

Darmflora gerät häufig durcheinander

Für die meisten Menschen sind Antibiotika gut verträglich. Mögliche Nebenwirkungen sind:

  • Allergische Reaktionen
  • Pilzinfektionen (z. B. im Darm oder an den Geschlechtsorganen)
  • Störungen der natürlichen Darmflora
  • Durchfall

Die Menge an Antibiotika und die Dauer der Therapie spielen hierbei ebenfalls eine Rolle. Mögliche weitere Nebenwirkungen sind in der Gebrauchsinformation aufgeführt, die in jeder Medikamentenpackung enthalten ist.

 

Manche Menschen reagieren überempfindlich auf Antibiotika

Eine Überempfindlichkeitsreaktion ist eine individuelle, nicht vorhersehbare Reaktion gegen ein Arzneimittel. Meistens sind nur solche Menschen betroffen, die eine Veranlagung hierzu haben. Das gilt auch für eine echte Antibiotika-Allergie, bei der das Immunsystem an den Beschwerden direkt beteiligt ist.

Überempfindlichkeitsreaktionen wie Nesselsucht, Asthma oder ein allergischer Schock treten typischerweise bis eine Stunde nach der Einnahme, selten erst nach mehreren Stunden (bis zwölf Stunden) nach der Anwendung auf. Reaktionen an der Haut (sog. Arzneimittel-Exantheme) zeigen sich dagegen meist erst vier bis 14 Tage nach Beginn der Einnahme.

 

Bedeutung für Patienten

Wenn Sie eine Nebenwirkung nach der Anwendung eines Antibiotikums bei sich feststellen, sollten Sie dies Ihrem behandelnden Arzt mitteilen. Dabei ist wichtig, dass Sie folgende Informationen zusammenstellen:

  • Dokumentieren Sie die Symptome und wo diese auftreten (wie z. B. an der Haut oder Magen-Darmtrakt).
  • Machen Sie ggf. Fotos bei einem Hautausschlag.
  • Heben Sie das Medikament und die Packung auf und nehmen diese zum nächsten Arzttermin mit.
  • Notieren Sie die Dauer der Anwendung und die Dosierung des Antibiotikums.

 

Bei anaphylaktischem Schock sofort Notarzt rufen

Der anaphylaktische Schock ist die extremste Form der allergischen Reaktion. Sie erkennen diese an folgenden Symptomen:

  • Schwindel
  • Herzrasen
  • Kopfschmerzen
  • Hautreaktionen
  • Reaktionen der Atemwege
  • Atemnot

 

Rufen Sie in diesem Fall sofort Ihren Arzt oder die Notrufnummer 112. Weitere Maßnahmen nach einer Medikamentennebenwirkung:

  • Sie oder Ihr Arzt sollten die Nebenwirkung an die im Beipackzettel genannte zuständige Behörde oder den pharmazeutischen Hersteller des Antibiotikums melden.
  • Die allergologische Abklärung sollte möglichst innerhalb von vier Wochen bis sechs Monaten nach der Reaktion erfolgen. Häufig sind jedoch Haut- und Labortests negativ oder nicht sicher aussagekräftig.
  • In diesen Fällen kann es notwendig sein, dass ein Provokationstest mit dem Medikament durchgeführt werden soll. Das bedeutet, dass Ihnen das Medikament testweise verabreicht wird. Die Provokationstestung sollte allerdings nur in einer auf diese Art von Testung spezialisierten Praxis oder Klinik durchgeführt werden.

 

Allergiepass erhöht Sicherheit

Wenn bei Ihnen eine (schwere) allergische Reaktion nach der Anwendung eines Antibiotikums aufgetreten ist und bestätigt wurde, sollte Ihnen ein Allergiepass ausgestellt werden. Diesen sollten Sie bei der erneuten Verschreibung eines Antibiotikums Ihrem Arzt oder Apotheker vorlegen. Dadurch wird verhindert, dass Sie erneut einen Wirkstoff verordnet bekommen, den Sie nicht vertragen. Ihr Arzt bzw. Apotheker kann dann nach geeigneten Ausweichmedikamenten für Sie suchen.

 

Fazit

Penicillin-Allergien kommen vor, ihre Häufigkeit wird aber stark überschätzt. Penicilline stellen eine wirksame Therapie zur Behandlung von bakteriellen Erkrankungen dar. Die Verwendung von anderen Antibiotika bringt zudem das Risiko der Resistenzentstehung mit sich.

 

Torsten Spiekermann (Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde)
Adolfstraße 21, 65307 Bad Schwalbach
Tel.: 06124 3330
https://www.hno-rheingau-taunus.de