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Ärzte erklären

Der Baumpollenallergie auf der Spur - wie molekulare Allergiediagnostik bei der Diagnosestellung und Auswahl der therapierelevanten Allergene helfen kann

Das Frühjahr beginnt, die Tage werden wärmer und länger. Mit der einsetzenden Blütezeit verschiedener Bäume wird nicht nur die karge Landschaft allmählich grüner, sondern auch das Leid vieler Baumpollenallergiker zunehmend größer. Denn allergische Beschwerden, wie Fließschnupfen, juckende Augen und Niesanfälle dominieren Anfang des Jahres und verstärkt in den Monaten März bis Mai den Alltag von Baumpollenallergikern.

Dabei stellen Birkenpollen und Pollen verwandter Bäume (Familie der Buchen- und Birkengewächse) eine der Hauptallergenquellen für die Entstehung einer allergischen Rhinitis (Heuschnupfen) in Nord- und Zentraleuropa dar. Hasel, Erle, Eiche und Hainbuche bilden zusammen mit der Birke eine eng verwandte (homologe) Allergengruppe, da sich bei diesen Bäumen die in den Pollen enthaltenen Proteine in ihrer Aminosäuresequenz (Reihenfolge) und ihrer Proteinstruktur sehr ähnlich sind. Dadurch kommt es im Immunsystem des Baumpollenallergikers zur Kreuzreaktivität zwischen Antikörpern der Klasse Immunglobulin E (IgE), welche sowohl Birkenpollen- als auch Pollenallergene anderer homologer Bäume als bekämpfenswert erkennen.

 

Baumpollen sind nicht gleich Baumpollen

Der Pollenflug beginnt in Deutschland meistens bereits Mitte Dezember mit der Hasel, woran sich die Blühperiode der Erle anschließt. Der Pollenflug von Hasel und Erle ist überlappend und gipfelt in den Monaten Februar bis März. Der Pollenflug der Birke findet, abhängig von den klimatischen Bedingungen, meist von April bis Mai statt (Pollenflugkalender - allergy.de). Da die Birke im Vergleich zur Hasel und Erle zehnmal mehr Pollen freisetzt, stellen Birkenpollen die Hauptallergenquelle dar und sind somit der Hauptverursacher der allergischen Beschwerden bei Baumpollenallergikern.

Sowohl durch die hohe Kreuzreaktivität der oben genannten Baumpollen untereinander als auch die sequentielle Abfolge der Blühzeiten verschiedener homologer Bäume stellt sich der Zeitraum, in dem die allergischen Beschwerden auftreten, für viele Baumpollenallergiker verlängert dar.

Die Diagnostik einer durch Birkenpollen verursachten Baumpollenallergie wird jedoch durch den zeitgleichen Pollenflug der Esche erschwert. Da die Blühperiode der Esche in einigen Regionen Deutschlands von März bis April stattfindet, überlappt sich somit der Pollenflug von Bäumen der Buchen- und Birkengewächse mit dem der Esche. Diese hingegen gehört zu den Ölbaumgewächsen, zu denen auch Flieder, Liguster, Forsythien, Jasmin und die Olive gehören. Somit besteht keine Verwandtschaft und folglich keine ausgeprägte Kreuzreaktivität zwischen Birke und Esche. Dies hat Bedeutung für die Diagnostik und eine mögliche Therapie mittels spezifischer Immuntherapie.

 

Warum ist die Unterscheidung zwischen einer Birken- und Eschenallergie wichtig?

Für die Diagnose einer Allergie muss zunächst eine Sensibilisierung auf das entsprechende Allergen nachgewiesen werden. Damit ist das Vorliegen von Antikörpern der Klasse IgE gegen das getestete Allergen gemeint. Für eine klinisch relevante Sensibilisierung sollte es zudem einen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten der allergischen Beschwerden und dem Pollenflug geben.

Der Nachweis einer Sensibilisierung kann entweder über eine Pricktestung an der Haut oder dem Nachweis von spezifischem IgE im Blut erfolgen. Bei Patienten mit mehreren Sensibilisierungen (polysensibilisierten Allergikern) kann die Unterscheidung zwischen einer klinisch relevanten und einer stillen Sensibilisierung mitunter problematisch sein. Bei diesen Patienten kommen oftmals mehrere Allergene als Auslöser der allergischen Beschwerden infrage. Dies ist z. B. auch der Fall, wenn Patienten sowohl auf die Birken- als auch Eschenpollen eine positive Testreaktion aufweisen.

 

Molekulare Allergiediagnostik - der „Retter“ bei unklaren Testergebnissen

Bei Patienten, die im Pricktest oder der Blutuntersuchung (IgE-Bestimmung) sowohl eine Sensibilisierung auf Birken- als auch auf Eschenpollen zeigen, spielt die Anamnese eine untergeordnete Rolle, da der Pollenflug bei beiden Bäumen nahezu zeitgleich stattfindet. In solchen Fällen und insbesondere bei polysensibilisierten Patienten, stellt die molekulare Allergiediagnostik eine wertvolle, ergänzende diagnostische Methode dar. Pollen können mehrere Allergene enthalten. Mithilfe der molekularen Allergiediagnostik können Sensibilisierungen auf einzelne allergieauslösende Proteine (Allergenkomponenten) nachgewiesen werden.

Die Namen der Allergenkomponenten leiten sich aus den ersten drei Buchstaben des Gattungs- und dem ersten Buchstaben des Artnamens der Pflanze ab. So werden die verschiedenen Allergenkomponenten beispielsweise bei der Birke nach dem lateinischen Namen Betula verrucosa als Bet v 1 - 8 bezeichnet. Die Nummerierung entspricht dabei der Reihenfolge der Erstbeschreibung. Für die Esche hingegen gibt es derzeit keine kommerziell verfügbare, eigene Komponente. Da allerdings zwischen den Pollenallergenen von Esche und Ölbaum (Olive) eine sehr hohe Kreuzreaktivität besteht, erfolgt die Testung in diesem Fall mit der Komponente des Ölbaums (lateinischer Name: Olea europaea) Ole e 1.

Mithilfe der molekularen Allergiediagnostik kann zwischen Sensibilisierungen auf Major- oder Minorallergene sowie auf Panallergene unterschieden werden. Majorallergene sind Allergene bzw. Allergenkomponenten, die bei mehr als 50 % der betroffenen Allergiker zu einer IgE-Sensibilisierung führen. Auf Minorallergene hingegen weisen weniger als 50 % der Patienten eine Sensibilisierung auf. Panallergene sind oft für nicht artspezifische Kreuzreaktionen verantwortlich, da diese Allergene in ganz vielen Pflanzen als Allergenquellen vorkommen.

Ist neben der Birke auch die Esche positiv im Pricktest ausgefallen, kann über die Bestimmung von Bet v 1 und Ole e 1 überprüft werden, ob eine Sensibilisierung auf die jeweiligen Majorallergene vorliegt. Daher stellt die molekulare Allergiediagnostik gerade bei polysensibilisierten Patienten oder bei widersprüchlichen anamnestischen Daten eine wertvolle diagnostische Zusatzoption dar, um zwischen einer Allergie auf Birke bzw. Esche zu unterscheiden.

 

Bedeutung für Patienten:

Manche Patienten sind nur auf Birke oder nur auf Esche sensibilisiert, andere auf beide Bäume. Dies ist für eine mögliche Therapie von Bedeutung. Reagiert der Patient auf Birken- und Eschenpollen, so benötigt er zwei verschiedene Therapielösungen für die spezifische Immuntherapie. Birken- und Eschenpollenpräparate dürfen in Deutschland aus zulassungsrechtlichen Gründen nicht ohne Weiteres gemischt werden.

 

Wieso die molekulare Allergiediagnostik in Zukunft eine größere Rolle spielen wird

Bedingt durch den Klimawandel werden Allergien in Zukunft nicht nur zunehmen, sondern den Alltag von Allergikern noch stärker dominieren. Der Zeitraum, in dem saisonale Beschwerden auftreten, wird sich für Pollenallergiker verlängern, da die Blütezeit vieler Bäumen mittlerweile früher anfängt und sich dadurch die Zeitspanne verlängert, in welcher der Pollenflug stattfindet. Hinzu kommt, dass sich durch den Klimawandel der Stress durch beispielsweise länger andauernde Dürre- und Hitzeperioden für viele Pflanzen, darunter auch Bäume, erhöht hat. Als eine Art Überlebensmechanismus werden nicht nur mehr Pollen, sondern auch, um die zunehmende Luftverschmutzung zu kompensieren, mehr Pollen mit einem höheren allergenen Potential produziert.

Da die Allergen-Immuntherapie derzeit und in absehbarer Zukunft die einzige ursächliche Behandlungsmöglichkeit einer Allergie darstellt, ist gerade bei einer solch langjährigen Therapie über 3 Jahre eine zweifelsfreie Diagnose der allergischen Beschwerden umso wichtiger. Die molekulare Allergiediagnostik kann dann zusätzlich bei der Auswahl der richtigen Allergene für die spezifische Immuntherapie helfen.

 

Dr. med. Bülent Senkal (Facharzt für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde)

Käthe-Schlechter-Straße 25, 51109 Köln
Tel.: 03473-804879
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HNO Dr. med. B. Senkal Köln: Neubrück, Dellbrück, Bensberg, Rath, Merheim (hno-med.de)