Zum Hauptinhalt springen

Ärzte erklären

Allergien gegen Krustentiere

Krustentiere gelten als Delikatessen, können aber leider auch Allergien mit zum Teil sehr unangenehmen Beschwerden auslösen. Allergien gegen Krustentiere zählen zu den häufigsten Nahrungsmittelallergien bei Erwachsenen. Sie kommen sogar häufiger vor als eine Fischallergie. Etwa 0,1 Prozent der Europäer sind betroffen, Kinder mit eingeschlossen. Zumeist bleibt die Krustentierallergie ein Leben lang bestehen. Überwiegend betroffen sind Menschen, die in Küstenregionen leben und wo eine besonders große Menge an Krustentieren verzehrt wird, z. B. in:

  • Skandinavien
  • Portugal
  • Spanien

Bei Bewohnern der Kanarischen Inseln z. B. ist dies die häufigste Form der Nahrungsmittelallergie.

 

Krustentierallergie kann sich auf Weichtiere ausweiten

Krustentiere gehören zum Stamm der Gliederfüßer, genauer zur Unterordnung der Krebstiere. Krebstiere, die gegessen werden können, werden als Krustentiere bezeichnet. Eine Allergie kann gegen einzelne oder alle Krustentierarten bestehen.

Im Laufe des Lebens kann sich das Allergiespektrum verändern, d. h. wer z. B. zunächst nur Krabben nicht verträgt, reagiert später vielleicht auch auf Hummer. Häufig reagieren Menschen, die an einer Krustentierallergie leiden, auch allergisch auf Weichtiere.

 

Zu den Krustentieren gehören folgende Arten:

  • Garnelen (Shrimps)
  • Hummer
  • Krabben
  • Krebse
  • Langusten

 

Zu den Weichtieren gehören folgende Arten:

  • Muscheln
  • Jakobsmuscheln
  • Austern
  • Schnecken
  • Tintenfische
  • Oktopusse

 

Allergieauslöser

Das Hauptallergen in Krustentieren ist das Muskeleiweiß Tropomyosin, welches zu etwa 98 Prozent in allen Meeresfrüchten stark übereinstimmt, so auch in Weichtieren. Das ist der Grund, warum Betroffener häufig auf mehr als nur eine einzige Krustentierart allergisch reagieren.

Tropomyosin wird durch Erhitzen nicht zerstört, daher kann sowohlrohes als auch gegartes Krusten- und Weichtierfleisch Allergien hervorrufen.

 

Allergische Symptome bei Reaktionen auf Krustentiere

Meistens tritt eine allergische Reaktion auf, nachdem Krebs- oder Weichtiere gegessen wurden. Bei empfindlichen Menschen kann es aber auch ausreichen, den Dampf gekochter Meeresfrüchte einzuatmen. Auch Hautkontakt kann allergische Reaktionen hervorrufen. Insbesondere in der Fischerei oder in der Gastronomie spielt dies eine Rolle. Generell treten v. a. Symptome auf, die den Verdauungstrakt betreffen. Aber auch andere Allergiebeschwerden sind zu beobachten.

 

Krustentier-Allergie: Symptome des Verdauungstrakts

  • Kribbeln und Anschwellen der Schleimhaut im Mund- und Rachenraum (orales Allergiesyndrom)
  • Magenverstimmung
  • Übelkeit, Erbrechen
  • Druckgefühl im Oberbauch, Völlegefühl
  • Bauchschmerzen
  • Durchfall
  • Juckreiz und Rötung am After

 

Krustentier-Allergie: allgemeine Allergie-Symptome

  • Augen: Rötung, Tränenfluss, Juckreiz
  • Ohren: Juckreiz, Entzündungen im Mittelohr
  • Atemwege: Niesreiz, Behinderung der Nasenatmung, Schnupfen, Engegefühl und Kratzen im Hals, Husten, Engegefühl in der Brust, Kurzatmigkeit, Asthma
  • Haut: Rötung, Jucken, Quaddelbildung, aber auch Blässe
  • Kreislaufbeschwerden
  • Schwindel
  • Verwirrtheit
  • Benommenheit

 

Beschwerden sehr unterschiedlich, aber oft heftig

Die Körperstelle, die Beschwerden macht, muss nicht mit der Kontaktstelle übereinstimmen. Durch das Verzehren einer Paella mit Krustentieren können an vielen Körperstellen Quaddeln auftreten, ohne dass die Paella diese Stellen berührt hat. In diesem Fall spricht man von einer allergischen Allgemeinreaktion.

Die hervorgerufenen Symptome können sehr schwer bis lebensbedrohlich sein. Oft genügen schon geringe Mengen, um heftige allergische Beschwerden auszulösen. Sie können Minuten nach dem Verzehr auftreten, aber auch zeitverzögert nach einigen Stunden. Die Art der Beschwerden, der Schweregrad und die Dauer der Symptome sind bei jedem Allergiker anders.

Als stärkste Reaktion kann der sogenannte anaphylaktische Schock (allergischer Schock, Anaphylaxie) auftreten, eine schwere, lebensbedrohliche allergische Reaktion, die oft verschiedene Organe des Körpers betrifft.

 

Diagnostische Möglichkeiten

Bei Verdacht auf eine Krustentierallergie kann ein Allergologe bei der Abklärung helfen. Ein Gespräch über Ernährungsgewohnheiten und Beschwerden steht hier am Anfang. Ein Hauttest oder eine Blutuntersuchung unterstützen die Diagnostik. Sie zeigen eine Allergiebereitschaft für bestimmte Substanzen an, können aber eine Allergie nicht sicher nachweisen. Ein Provokationstest kann daher bei der Abklärung sinnvoll sein.

 

Provokationstest kann Diagnose absichern

Wegen des Risikos von Nebenwirkungen sollte die Provokationstestung nur in spezialisierten Zentren erfolgen. Hierbei ernähren sich Betroffene für einige Zeit frei von Krusten- und Weichtieren. Nach einigen Wochen nehmen sie unter ärztlicher Aufsicht geringe Mengen eines tropomyosinhaltigen Nahrungsmittels zu sich. Sollten sich hierauf allergische Symptomen zeigen, ist der Verdacht bestätigt.

 

Abgrenzung zu anderen Erkrankungen

Einige Auslöser, die regelmäßig in Krustentieren enthalten sind, können ähnliche Beschwerden auslösen wie eine Allergie. Dazu gehören erfahrungsgemäß v. a.:

  • Bakterien
  • Viren
  • Giftstoffe (Toxine)
  • mikroskopisch kleine Algen, die Gifte produzieren

Eine sorgfältige Diagnose ist daher wichtig, um hier keine falschen Schlüsse zu ziehen und dann eine fehlerhafte Behandlung einzuleiten.

 

Behandlung der Krustentier-Allergie

Die wichtigste Maßnahme ist die Meidung von Krusten- und/oder Weichtieren, da es keine Medikamente oder eine spezifische Immuntherapie (SIT) gegen diese Form der Allergie gibt.

 

Allergenkarenz: Strikte Vermeidung von Krustentieren

Der Verzehr von Krusten- und auch Weichtieren muss auf jeden Fall unterbleiben. Doch das alleine genügt oft nicht. Daher gilt es, die weiteren Tipps zu befolgen:

  • Beim Einkauf von Lebensmitteln und Fertiggerichten auf Inhaltsstoffe achten
  • Im Restaurant die Karte mit den Inhaltsstoffen der Gerichte einsehen
  • Krusten- oder Weichtiere nicht in der Nähe von anderen Lebensmitteln lagern
  • Auf mögliche Anhaftungen an Küchengeräten achten
  • Keine Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln, Tierfutter (auch das für Nutztiere, deren Fleisch verzehrt wird), Düngemitteln und kosmetischen Produkten, denen Bestandteile von Krustentieren zugesetzt sein könnten
  • Im Zweifelsfall immer den Hersteller zu den Inhaltsstoffen befragen

 

Symptomatische Therapie mit Tropfen, Sprays und Cremes

Beschwerden an Augen oder Nase können symptomatisch mit geeigneten Tropfen oder Sprays behandelt werden. Für die Haut (z. B. bei Juckreiz oder Quaddeln) gibt es spezielle Cremes zur Linderung, die gegebenenfalls individuell in der Apotheke angefertigt werden.

Bei Atemnot oder asthmaähnlichen Symptomen helfen Sprays oder Inhalatoren, die in der Regel Kortison enthalten. Wenn mehrere Symptome gleichzeitig auftreten, können auch Antihistaminika zur Behandlung angewendet werden.

 

Allergie-Notfallset bei schweren Allergieverläufen

Menschen mit einer schweren Allergie, bei denen bereits kleinste Mengen von Krusten- oder Weichtieren einen anaphylaktischen Schock auslösen können, sollten ein Allergie-Notfallset mit sich führen, das u. a. eine Adrenalin-Fertigspritze enthält.

 

Verwandtschaft (Kreuzallergenität)

Manche Menschen mit einer Allergie gegen Hausstaubmilben entwickeln auch eine Allergie gegen Krusten- und Weichtiere. In diesem Fall liegt eine Kreuzallergie vor. Der Grund hierfür ist, dass Hausstaubmilben ebenfalls zu den Gliederfüßern gehören und über das Muskelprotein Tropomyosin verfügen. Gelegentlich besteht umgekehrt erst eine Allergie gegen Krusten- und/oder Weichtiere und eine Hausstaubmilbenallergie kommt hinzu.

 

Dr. med. Stephen Dinh (Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde)
Lüdische Straße 35, 59590 Geseke
Tel.: 02942 - 6444
https://www.hno-dinh.de/