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Ärzte erklären

Hilft eine Hyposensibilisierung bei Patienten mit Neurodermitis (atopischer Dermatitis)?

Rund drei Prozent der Erwachsenen leiden unter der chronischen Hauterkrankung Neurodermitis. Ärzte sprechen auch von einer atopischen Dermatitis oder einem atopischen Ekzem. Bei Kleinkindern und Jugendlichen sind sogar mehr als zehn Prozent von einer Neurodermitis betroffen.

Die Haut der betroffenen Patienten ist trocken, juckt oft und schuppt. Während eines akuten Schubs kann ein Ausschlag entstehen, der manchmal nässt. Der Juckreiz ist für viele Patienten besonders unangenehm und führt dazu, dass die Patienten sich massiv kratzen.

 

Nur eine intakte Haut schützt uns vor Umweltreizen

Vergleichbar mit dem Bild einer Schutzmauer besteht die Hautbarriere aus mehreren Schichten. Bei einer Störung im Aufbau und der Zusammensetzung der Haut kann die Haut nicht mehr so gut Feuchtigkeit speichern. Wasser geht verloren, die Haut wird trocken, rissig und rau.

Die Haut reagiert nun bereits auf Reize, welche normalerweise ohne Probleme vertragen werden. Oft kommen mehrere Auslöser zusammen, die dann zu einer Irritation führen. Zudem wird die Haut wesentlich anfälliger gegenüber dem Eindringen von Schadstoffen undAllergenen.

 

Einige Körperstellen sind besonders von einer Neurodermitis betroffen

Die Beschwerden einer Neurodermitis können grundsätzlich am ganzen Körper auftreten.  Besonders häufig betroffen sind aber die folgenden Körperpartien:

  • Hals
  • Gelenkbeugen von Armen und Beinen
  • Gesicht
  • Hände
  • Rücken

Bei der Neurodermitis spielen genetische Faktoren eine Rolle. Der Verlauf kann von Patient zu Patient sehr unterschiedlich sein. Häufig zeigen sich bereits im Säuglingsalter erste Beschwerden.

 

Wie kommt es nun zum atopischen Ekzem?

Eine gereizte Haut neigt eher zu Infektionen, Entzündungen treten häufiger und stärker auf. Bakterien (z. B. Staphylococcus aureus) und Allergene (z. B. von Hausstaubmilben) gelangen leichter in die Haut.

Körpereigene Botenstoffe (Zytokine) werden freigesetzt und aktivieren Entzündungsprozesse. Es entsteht ein Kreislauf (Circulus vitiosus), an dessen Ende schließlich eine ausgeprägte atopische Dermatitis stehen kann.

 

Kratzen verschlimmert die Beschwerden

Das zentrale Problem für viele Betroffene ist der quälende Juckreiz, der sich nachts oft verschlimmert. Je nach Stadium der Neurodermitis sind folgende Therapiebausteine von großer Bedeutung:

  • durchgehende Hautpflege
  • angepasste Ernährung
  • Vermeidungsmaßnahmen
  • Kratz-Alternativen (Klopfen, Reiben und Drücken)

Bei Kindern mit Neurodermitis sollte auch geprüft werden, ob evtl. eine Nahrungsmittelallergie vorliegt. Deswegen führen Ärzte hier mitunter eine sogenannte orale Provokationstestung in einer Klinik durch. Viele Patienten mit Neurodermitis in der Krankengeschichte leiden auch unter weiteren Allergien und/oder an Asthma bronchiale.

 

Kann eine Hyposensibilisierung zu einer Verbesserung der Neurodermitis beitragen?

Die Studienlage und die Empfehlungen der allergologischen Fachgesellschaften dazu sind nicht ganz eindeutig. Einige Studien belegen tatsächlich eine Wirkung bei Patienten, die gleichzeitig unter einer Neurodermitis und einer Pollen- oder Hausstaubmilbenallergie leiden.

Die atopische Dermatitis unterliegt im Jahresverlauf Schwankungen. Dasselbe gilt für die Pollenallergie, bei der Betroffene auch nur einige Monate im Jahr während der Pollensaison Beschwerden verspüren. Doch nicht selten reagieren Allergiker auf mehrere Auslöser.

Dann können die allergischen Symptome an Augen, Nase und Lunge von Januar (Beginn des Baumpollenfluges) bis in den Herbst (Pollenflug von Sommerkräutern) reichen. Auch der direkte Kontakt von Pollen mit der Haut kann bei Neurodermitis-Patienten zu einer Verschlechterung des Hautzustandes und Juckreiz führen.

 

Milbenallergene im Bett können bei Neurodermitikern zu Hautreizungen führen

Milbenallergene sind u. a. in den kleinen Kotbällchen enthalten, die die Milben ausscheiden. Sie beinhalten auch Verdauungsenzyme, die bei Hautkontakt zu einer Irritation und ggf. Verstärkung des atopischen Ekzems beitragen können.

Deshalb sollten von Hausstaubmilbenallergikern milbenundurchlässige Matratzenüberzüge verwendet werden, die die Milbenallergene zurückhalten. Doch häufig reicht diese Maßnahme nicht alleine aus und eine Hyposensibilisierung wäre ergänzend empfehlenswert.

 

Einige Milbenallergiker profitieren von einer Hyposensibilisierung

Eine Studie an erwachsenen Milbenallergikern, die über ein Jahr eine Hyposensibilisierung erhielten, zeigte eine signifikante Besserung des Hautzustandes. In einer anderen Untersuchung hingegen profitierten nur die Patienten mit einer schweren Form der Neurodermitis von der Hyposensibilisierung gegen die Hausstaubmilben.

Auch eine 2013 durchgeführte Metaanalyse (Zusammenfassung von verschiedenen Studien) fand einen positiven Effekt der Hyposensibilisierung auf die atopische Dermatitis.

 

Anfängliche Verschlechterung des Hautbildes kann normal sein

Manchmal kann es am Beginn der ca. dreijährigen Hyposensibilisierung zu einer vorübergehenden Verschlechterung des Hautbildes kommen. Hierzu muss man wissen, dass

  • sich nicht immer zweifelsfrei klären lässt, ob dies an der Hyposensibilisierung liegt oder rein zufällig geschieht,
  • die Hyposensibilisierung bei Pollenallergikern häufig im Herbst/Winter eingeleitet wird und
  • sich das Hautbild zu dieser Jahreszeit bei Neurodermitikern sowieso oft verschlechtert.

 

Die gute Nachricht für Patienten mit atopischer Dermatitis

Eine Neurodermitis ist nach heutigem Kenntnisstand kein Ausschlusskriterium (Kontraindikation) mehr für eine Hyposensibilisierung. Es lässt sich zwar nicht vorhersagen, wie gut der einzelne Patient von der Behandlung bzgl. seiner Allergie und der Hautbeschwerden reagiert.

Oft jedoch lässt sich der Verlauf der Neurodermitis mit einer Hyposensibilisierung günstig beeinflussen. Wichtig ist, dass die Behandlung lange genug durchgeführt und dem jeweiligen Stadium der atopischen Dermatitis angepasst erfolgt.

Die sogenannte Basistherapie ist der entscheidende Grundstein jeder Behandlung und dient der Wiederherstellung und Erhaltung der Barrierefunktion der Haut.

 

Dr. med. Patrick Schauer (Facharzt für Hautkrankheiten)

Bahnhofstr. 8; 94032 Passau
Tel.: (0851) 36680
Hautarzt Passau (hautarzt-passau.com)